Organschaft: Durchführungsfiktion des Gewinnabführungsvertrags

Die Vereinbarung einer ertragsteuerlichen Organschaft zwischen zwei Kapitalgesellschaften (Mutter- und Tochtergesellschaft) bietet eine Vielzahl von steuerlichen Vorteilen. Der größte Vorteil besteht darin, dass die Muttergesellschaft ihre eigenen Gewinne mit Verlusten der Tochtergesellschaft verrechnen kann (was ohne die Organschaft nicht möglich wäre, da Verluste nicht „ausschüttbar“ sind).

Allerdings müssen die Gesellschaften diesen Steuerbonus möglicherweise teuer bezahlen, denn die Finanzverwaltung überwacht Organschaftsfälle mit Argusaugen und straft jeden kleinen Fehler mit der kompletten Verwerfung des Organschaftsverhältnisses – und zwar rückwirkend. Dies führt unweigerlich zur Versteuerung verdeckter Gewinnausschüttungen. Betroffene Gesellschaften müssen also strenge Maßstäbe an die Ordnungsmäßigkeit legen und strikt auf die Voraussetzungen der Organschaft achten.

Eine der wichtigsten Voraussetzungen ist das sogenannte Durchführungsgebot. Danach muss die Organtochtergesellschaft ihren ganzen Gewinn an ihre Muttergesellschaft abführen. Doch was geschieht, wenn eine Betriebsprüfung im Nachhinein feststellt, dass eine Abschreibung der Tochtergesellschaft an einem Wirtschaftsgut zu hoch beziffert wurde? Der Betriebsprüfer wird den Gewinn der Tochtergesellschaft erhöhen und behaupten, dass nicht der gesamte Gewinn an die Muttergesellschaft abgeführt worden ist.

Dieses Damoklesschwert schwebte jahrzehntelang über sämtlichen Organschaften in Deutschland – bis 2013 die sogenannte kleine Organschaftsreform für Erleichterung sorgte. Danach gilt der gesamte Gewinn als an die Muttergesellschaft abgeführt, wenn ein Wirtschaftsprüfer oder Steuerberater den Jahresabschluss der Tochtergesellschaft testiert hat und ein im Nachhinein gefundener Fehler richtiggestellt worden ist. Das Finanzministerium Schleswig-Holstein hat jetzt nach drei Jahren kleiner Organschaftsreform Stellung dazu genommen, wann ein Bilanzansatz falsch ist und wie ein solcher Fehler zu korrigieren ist.

Danach liegt stets ein Bilanzierungsfehler vor, wenn ein Wirtschaftsgut oder eine Schuld in der Handels- oder Steuerbilanz zu hoch oder zu niedrig bilanziert wird. Wird ein solcher Fehler bei einer Betriebsprüfung aufgedeckt, muss er unverzüglich im aktuellen Jahr korrigiert werden; es erfolgt also keine Korrektur im Fehlerjahr.