Kündigungsrecht: Beleidigende Überreaktion im Streit über Wohnbedingungen kann Kündigung rechtfertigen

Bezichtigt eine Mieterin die Vermieterin der brutalen Sterbehilfe bei einem Streit über die Wohnbedingungen, rechtfertigt dies eine außerordentliche Kündigung.

Das ist das Ergebnis eines Rechtsstreits vor dem Amtsgericht München. Geklagt hatte die Eigentümerin eines Mehrfamilienhauses. Sie hat seit 1983 eine Zweizimmerwohnung an die Beklagte, eine über 70-jährige Münchnerin, vermietet. Der monatliche Nettomietzins betrug 254,80 EUR. Die Vermieterin klagte gegen die Mieterin auf Zustimmung zu einer Mieterhöhung.

Im Rahmen dieses Verfahrens beleidigte die Mieterin ihre Vermieterin in einem Schriftsatz an das Gericht. Darin behauptete die Mieterin: „Das einzige, was bisher von Vermieterseite geleistet wurde, ist eine massive Sterbehilfe. Man kann das auch mit versuchtem Mord übersetzen, denn wenn man so leiden muss, weil die Hitze in der Wohnung so unerträglich hoch ist, dass man die Schmerzen, die durch die Hitze verursacht werden, nicht mehr ertragen kann, kann man es nur so benennen.“ Hintergrund des Streits ist die Behauptung der Mieterin, dass ihre Wohnung durch die darunterliegende Heizanlage überwärmt sei. Es würden Temperaturen bis zu 38 Grad herrschen. Ein Sachverständiger hatte jedoch festgestellt, dass dies nicht stimmt. In einem weiteren Schreiben behauptete die Mieterin erneut, dass die Überwärmung existiere. Zudem verwies sie erneut darauf, dass brutale Sterbehilfe durch die Vermieterin geleistet werde.

Die Vermieterin kündigte daraufhin das Mietverhältnis fristlos u.a. wegen der Beleidigungen. Die Beklagte weigert sich, die Wohnung zu räumen. Es tue ihr leid, die Vermieterin beleidigt zu haben, es habe sich um einen Hilferuf gehandelt.

Die Vermieterin klagte vor dem Amtsgericht München auf Räumung der Wohnung. Der zuständige Richter gab ihr recht.

Die Äußerungen der Mieterin seien nach Ansicht des Gerichts massive Beleidigungen. Besonders schwer wiege dabei, dass diese mehrfach gegenüber verschiedenen Richtern in unterschiedlichen Gerichtsverfahren geäußert wurden. Die Mieterin sei zuvor nicht provoziert worden. Ihre Äußerungen seien nicht ansatzweise nachvollziehbar. Es erscheine dem Gericht in keinster Weise erforderlich oder nachvollziehbar, als Hilferuf seinen Vermieter des versuchten Mordes oder der Sterbehilfe zu bezichtigen.

Eine Abmahnung sei nicht erforderlich gewesen. Bei schwerwiegenden Beleidigungen sei das Vertrauen zerstört. Zerstörtes Vertrauen könne durch eine Abmahnung nicht wieder hergestellt werden.

Der Richter gewährte der betagten Mieterin eine sechsmonatige Räumungsfrist, um ihr die Suche nach einer Ersatzwohnung zu ermöglichen.